Wie aus Bewegungen Formen werden | Taucha kompakt

arrow_back_rounded
Lesefortschritt

Wie aus Bewegungen Formen werden

Eine Ausstellung zeigt experimentelle „gestische Plastiken“ aus dem Geschwister-Scholl-Gymnasium in Taucha. Am heutigen Donnerstag war Midissage, also Halbzeit.

Die Elftklässlerinnen Emily, Tessa und Julika (v.r.) in der Ausstellung, die sie selbst mit aufgebaut haben. Zu sehen sind hier Plastiken ihrer Klassenkameraden. (Foto: Daniel Große)
Die Elftklässlerinnen Emily, Tessa und Julika (v.r.) in der Ausstellung, die sie selbst mit aufgebaut haben. Zu sehen sind hier Plastiken ihrer Klassenkameraden. (Foto: Daniel Große)
Die Elftklässlerinnen Emily, Tessa und Julika (v.r.) in der Ausstellung, die sie selbst mit aufgebaut haben. Zu sehen sind hier Plastiken ihrer Klassenkameraden. (Foto: Daniel Große)

Am Donnerstag fand im Popup-Kunstraum an der Leipziger Straße 12 die Midissage der Ausstellung „#ge(h)ste(?)“ statt. Zu sehen sind Ergebnisse eines Workshops, der im Schulalltag alles andere als gewöhnlich ist: Schülerinnen und Schüler machten ihre eigenen Bewegungen sichtbar – und zwar als dreidimensionale Objekte. In Taucha verschränken sich damit Kunstunterricht, digitale Technik und performative Experimente auf seltene Weise.

Das Prinzip: Die Jugendlichen trugen eine VR-Brille auf dem Kopf und einen Controller an Arm oder Bein. Dieser zeichnete ihre Bewegungen auf. Ob schnelles Drehen im Kreis oder Wäsche aufhängen – jede Aktion hinterließ im virtuellen Raum eine Spur. Diese Bewegungsspuren wurden anschließend im 3D-Druck materialisiert und schweben nun als filigrane, verschlungene Plastiken als Objekte im Raum. Die Ausstellung kann analog betrachtet und über QR-Codes virtuell erkundet werden – ein doppelter Zugang, der die Entstehung nachvollziehbar macht und das Experiment greifbar hält.

Sichtbar gemachte Bewegungen. (Foto: Daniel Große)
Sichtbar gemachte Bewegungen. (Foto: Daniel Große)
Sichtbar gemachte Bewegungen. (Foto: Daniel Große)

16 Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Taucha wagten das Projekt, begleitet von Kunstlehrer Hendrik Peltzer sowie Pädagoginnen und Pädagogen des Medienpädagogischen Zentrums Leipzig. Peltzer ordnet ein: „Die Vorbereitungen fanden in theoretischer Form im Unterricht statt. Aufgezeichnet wurden die Bewegungsspuren dann bei einem Workshop im Sommer vergangenen Jahres in unserer Aula.“ Die Rückmeldungen seien äußerst positiv gewesen, berichtet er – selbst Jugendliche ohne ausgeprägtes Kunstinteresse hätten der spielerische Zugang und die unmittelbare Erfahrung überzeugt.

Ausstellungszeiten

Die Ausstellung kann noch an diesen Tagen in der Leipziger Straße 12 gesehen werden:

  • Dienstag, 26. August 2025, 15.00–16.30 Uhr
  • Mittwoch, 27. August 2025, 13.30–15.00 Uhr
  • Donnerstag, 28. August 2025, 13.30–15.00 Uhr

In ihrer kurzen Eröffnungsrede erinnerte Jana Hummelsheim, Fachleiterin für den sprachlich-literarisch-künstlerischen Bereich, an den Workshop und dankte dem Förderverein für die Finanzierung. Schulleiterin Kathrin Rentsch habe das Vorhaben von Beginn an unterstützt. Für einen stimmungsvollen Rahmen sorgten Zacharias Bogner am Cello und Shyona Frank am Sopran-Saxophon vor dem kleinen Ladengeschäft.

Inhaltlich versteht Peltzer das Projekt als Beitrag zur Debatte über XR in Bildungsprozessen. XR steht für Extended Reality – ein Sammelbegriff für digitale Raum-Erfahrungen, wie etwa Virtual Reality und Augmented Reality: „Zur gestischen Malerei gesellt sich nun auch die gestische Plastik. Reale Bewegungsabläufe, getrackt per Controller, hinterlassen (Lebens)Spuren als dreidimensionales Objekt im virtuellen Raum. Diese Spuren können nicht nur visualisiert, sondern per 3D-Druck in die Realität überführt werden. Damit wird der virtuelle Raum von einem Ort potentiellen Selbstverlusts zu einem Instrument der Selbstwahrnehmung.“ Die Materialisierung des Flüchtigen verleihe der eigenen Bewegung Dauer – eine Erfahrung, die, so zitiert er den Psychologen Daniel Widlöcher, zum „Quell des Glücks“ werden könne.

Zacharias Bogner am Cello und später Shyona Frank am Sopran-Saxophon gaben zur Midissage ein kleines Konzert auf dem Fußweg. (Foto: Daniel Große)
Zacharias Bogner am Cello und später Shyona Frank am Sopran-Saxophon gaben zur Midissage ein kleines Konzert auf dem Fußweg. (Foto: Daniel Große)
Zacharias Bogner am Cello und später Shyona Frank am Sopran-Saxophon gaben zur Midissage ein kleines Konzert auf dem Fußweg. (Foto: Daniel Große)

Für Taucha bedeutet das: Das Gymnasium zeigt, wie Digitalkultur im Klassenraum nicht nur Mittel zum Zweck ist, sondern Kunstgeschichte fortschreibt.

„#ge(h)ste(?)“ macht sichtbar, was sonst vergeht – Bewegung. Das Projekt öffnet den Kunstunterricht für Technologien, die Jugendliche ohnehin nutzen, und verwandelt sie in ein Reflexionswerkzeug. Wer wissen will, wie sich ein Dreh, ein Schritt oder das scheinbar banale Wäscheaufhängen als Form niederschlägt, findet im Kunstraum an der Leipziger Straße eine präzise, poetische Antwort.


Daniel Große
Daniel Große
Daniel Große arbeitet seit 2001 als freier Journalist und berichtet hier zu allen Themen, die unsere Region bewegen. Infrastruktur, Blaulicht-Meldungen, Veranstaltungen, Neues aus den Rathäusern und vieles mehr veröffentlicht er hier. Schnell, kompakt und verständlich.

Immer wissen, was in Taucha wichtig ist? Abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal oder unseren Telegram-Kanal.

north
© taucha.media, Daniel Große.
Bereitgestellt mit myContent.online CMS und PORTAL.