Der Tag der Deutschen Einheit hat für Taucha noch eine weitere Bedeutung, denn am 3.Oktober 1992 unterzeichneten die Bürgermeister von Taucha, Chadrac und Espaly-Saint-Marcel einen Partnerschaftsvertrag. Die französischen Partnergemeinden liegen in der Region Auvergne im Zentralfrankreich und sind der traditionsreichen Stadt Le Puy-en Velay unmittelbar benachbart. Zur Ausgestaltung der Städtepartnerschaft hat sich 1996 der „Freundeskreis Taucha -Chadrac/Espaly e.V.“ gegründet, der im kommenden Jahr sein 30-jähriges Jubiläum begehen wird.
In diesem Jahr gab es turnusgemäß vom 2. bis 5. Oktober wieder ein Treffen auf französischer Seite. Am späten Abend des 1. Oktober begab sich eine Delegation mit 26 Teilnehmern, darunter Tauchas Bürgermeister mit 2 Mitarbeiterinnen aus dem Rathaus auf die lange Busreise von 1220 km. Unsere französischen Partner mussten diesmal länger als geplant auf unsere Ankunft warten, denn bei einer Verengung der Fahrbahn von 2 auf eine Spur touchierte ein Pkw unseren Bus; zum Glück nur mit leichten Schäden, aber das Warten auf die Polizei und die erforderliche Aufnahme des Unfalls führte zu einer Verspätung von ca. 2 Stunden. Endlich kam die grüne Hochebene von Velay mit den zahlreichen erloschenen Vulkankegeln in Sicht und schließlich die markante Silhouette von Le Puy. Die überaus herzliche Begrüßung ließ die Strapazen der langen Busfahrt vergessen und nach kurzer Stärkung ging es zu den Gastgeberfamilien.
Der Freitag war der regionalen Geschichte und Kultur gewidmet: Mit dem Bus ging es zunächst in die Stadt Brioude am Fluss Allier. Die Basilique Saint Julien im Zentrum des Ortes wurde uns als eine der berühmtesten, geschichtsreichsten und schönsten Kirche der Auvergne vorgestellt. Nach der Überlieferung soll dort im Jahre 304, als das Christentum noch keine Staatsreligion war, ein römischer Soldat wegen seines christlichen Glaubens den Märtyrertod gefunden haben. Später entstand an dieser Stelle eine Basilika, die von einer zunehmenden Pilgerzahl aufgesucht und bald zu klein wurde. Daher wurde 1060 mit dem imposanten Bau der heutigen Basilika begonnen, der in der romanischen Bauperiode etappenweise von mehreren Baumeistern weitergeführt und in der gotischen Epoche noch im Mittelschiff aufgestockt wurde. Durch die zahlreichen Pilger konnte die Kirche große Reichtümer anhäufen, die jedoch in der Revolution 1789 verloren gegangen sind.
Die zweite bedeutendste Sehenswürdigkeit des Ortes ist das Museum für Klöppelspitze (Hotel de la Dentelle), das in einem alten Stadtpalais untergebracht ist. Das Klöppeln ist eine ca. 500 Jahre alte Handarbeitstechnik, bei der mehrere Fäden durch systematischen Wechsel von Drehen und Kreuzen zu einem Flechtwerk - der sog. Klöppelspitze – verbunden werden.
Diese Technik war in der Region weitverbreitet; die produzierten Klöppelspitzen aus Seide oder Leinen waren als Schmuck für die Gewänder von Adel und Geistlichkeit sehr begehrt.
Nach der französischen Revolution 1789 und vor allem nach der Entwicklung von Klöppelmaschinen ging die Bedeutung des manuellen Klöppelns drastisch zurück. Nur noch wenige Personen beherrschten heute diese Technik. Das Museum wurde daher 1986 mit dem Ziel gegründet, das know-how der Klöppeltechnik durch Ausstellung, Schulung und Kreativwerkstatt zu bewahren, weiterzuentwickeln und weiterzugeben – ganz analog zum Bildungszentrum für Klöppeln in Le Puy.
Die schöne Ausstellung zeigt daher vor allem moderne Kreationen, wie z. B. farbige Spitzen, dreidimensionale Arbeiten, Verwendung anderer Materialien - unsere Handys waren im Dauereinsatz.
Nach einem Picknick ging unsere Fahrt weiter nach dem kleinen Ort La Chaise-Dieu zum ehemaligen Benediktinerkloster, das 1043 gegründet wurde und im Laufe der Geschichte eine wichtige Rolle gespielt hat. Es erhielt bedeutende Zuwendungen und verwaltete 42 Tochterklöster. Im 14. Jahrhundert wurde die Kirche neu errichtet - ein Meisterwerk der gotischen Architektur. Heute ist die Abtei ein Nationales Denkmal, das man - mit einem Audioguide ausgestattet – in kleinen Gruppen besichtigen kann. Von herausragender Bedeutung sind zu nennen:
Nach dieser Hochkultur wurde uns auf der Rückfahrt mit einem kurzen Stopp im Dorf Saint Geneys noch ein Kontrastprogramm geboten: Weihnachtsschmuck an den Häusern schon jetzt im Herbst sowie Geschäfte, vollgestopft mit Souvenirs, Weihnachtsdekorationen und Zeugs – von Kunst und Krempel bis Kitsch. Wir kamen aus dem Staunen und Schmunzeln nicht heraus.
Der Samstagvormittag wurde von den Gastgeberfamilien individuell gestaltet und für Einkaufsbummel, Spaziergänge oder kleine Ausflüge genutzt; wir (Berichterstatter) besichtigten die reizvolle Ruine vom Schloss Arlempdes im Tal der Loire. Zum Mittagessen traf sich ein Teil der Gruppe wieder in einem Kellergewölbe eines Restaurants. Danach ging es nach Espaly zur Basilika Saint Joseph mit der Statue St. Joseph. Die Architektur dieser 1918 fertiggestellten Basilika ist für eine Kirche sehr merkwürdig, weil sie mehr an eine mittelalterliche Festung erinnert. Tatsächlich befand sich früher an dieser Stelle die Kapelle einer befestigten Burg. Überragt wird alles von der 22 Meter hohen Statue des Heiligen Joseph, die 1910 aus Stahlbeton auf der Spitze eines Vulkankegels errichtet wurde. Von der oberen Terrasse hat man einen ausgezeichneten Blick auf Le Puy mit ihren markanten Wahrzeichen sowie auf die umgebende Landschaft.
Am Abend folgte der offizielle Empfang in der Schule in Chadrac mit offiziellen Reden, Festessen und Tanz. Sowohl die beiden Bürgermeisterinnen von Chadrac und Espaly als auch Tauchas Bürgermeister und unser Vereinsvorsitzender betonten in ihren Reden übereinstimmend die Bedeutung unserer Partnerschaft gerade in der gegenwärtigen schwierigen Zeit. Die gelebte Freundschaft ist die Realisierung von großer Politik auf unterer Ebene und könnte eine Vorbildwirkung haben.
Nach der Überreichung von Gastgeschenken wurde von Michael König dem langjährigen Präsidenten des französischen Partnerschaftskomitees, Bernard Hopf, die Urkunde als Ehrenmitglied in unserem Verein übergeben, die er dankend und sichtlich gerührt annahm.
Der Koch der Schule zauberte mit seiner Mannschaft für über 50 Personen ein leckeres Menü. Mit Tanz klang der vergnügliche Abend aus.
Traditionell berieten am Sonntagvormittag die Bürgermeisterinnen und die Vorstände beider Seiten über die Fortführung der Zusammenarbeit. Dabei wurden die französischen Freunde zum nächsten Treffen im Oktober 2026 (voraussichtlich 01.-04.10.26) nach Taucha eingeladen.
Mit einem gemeinsamen Mittagessen ging das 33. Partnerschaftstreffen zu Ende. Mit großem Dank für die großartige Gastfreundschaft und Organisation verabschiedeten wir uns mit den üblichen 3 Wangenküsschen (hoffentlich haben wir damit nicht zur Verbreitung der Grippe beigetragen!) Ein letztes Winken aus dem Bus und die lange Heimfahrt begann. Nach zügiger Fahrt ohne besondere Vorkommnisse erreichten wir schon am Morgen so gegen 7:00 Uhr Taucha, etwas erschöpft aber voller neuer Eindrücke!