Der Tauchaer Stadtrat hat am heutigen Donnerstag die Folgekostenrichtlinie für städtebauliche Verträge beschlossen. Damit legt die Stadt erstmals verbindlich fest, dass private und öffentliche Investoren künftig einen Teil jener Kosten übernehmen müssen, die durch neue Wohnbauvorhaben bei der sozialen Infrastruktur entstehen – vor allem bei Kitas und Schulen. Die Richtlinie gilt für alle neuen Bebauungsplanverfahren und soll noch vor Rechtskraft der jeweiligen Satzung angewendet werden.
Erste Projekte, die davon betroffen sein werden, sind die geplanten Wohngebiete auf der Friedrich-Ebert-Wiese, im Baugebiet Waldblick sowie in Waldenau. Der Gleichbehandlungsgrundsatz greift dabei ausdrücklich auch für die städtische Wohnungsbaugesellschaft WOTa, sobald sie eigene Vorhaben realisiert.
Die Richtlinie fand im Stadtrat jedoch keine einhellige Zustimmung. Vor der Abstimmung kam es zu einer kontroversen Debatte über die möglichen Folgen für Mieten und Grundstückspreise. Am Ende stimmten 10 Stadträte dafür, 6 dagegen, 5 enthielten sich.
„Diese Wohnraumverteuerung können wir nicht mittragen.“
Die schärfste Kritik kam von Tom Richter, der für seine Fraktion eine Ablehnung ankündigte. Er verwies auf die unmittelbaren Folgen dieser Richtlinie: „Auf 4.500 Euro je Grundstück wird die Abgabe geschätzt, umgerechnet sind das etwa 50 Cent pro Quadratmeter.“ Das wirke nicht nur auf neue Baugrundstücke, sondern strahle auch auf Nachbarflächen und Mietobjekte aus, da Vergleichsmieten durch die höheren Investitionskosten beeinflusst würden. „Jeder, der hier zustimmt, leistet heute einen positiven Beitrag für den Haushalt der Stadt – aber zu welchen Lasten?“ Seine Fraktion sieht in der Richtlinie einen Preistreiber und stimmte geschlossen dagegen.
„Ich bin hin- und hergerissen.“
Der Bürgermeister meldete sich – ausdrücklich als Stadtrat – ebenfalls zu Wort. Tobias Meier erinnerte daran, dass es bereits früher eine ähnliche Vorlage gab, die damals abgelehnt wurde. Auch diesmal sehe er Risiken: „Die Gefahr, dass Wohnen teurer wird, ist da. Private Investoren versuchen ohnehin, den besten Preis zu erzielen.“ Gleichzeitig verwies er auf die angespannte Einnahmesituation der Stadt und die jüngsten Investitionen in Kitas, die ohne eine solche Regelung vollständig aus dem Stadthaushalt finanziert werden mussten. Zusätzlich sei der von der Bundesregierung beschlossene „Bauturbo“ derzeit noch schwer einzuschätzen. Seine Tendenz sei deshalb „keine Enthaltung“.
„Der Bedarf an Infrastruktur überwiegt den Aspekt der Verteuerung“
Unterstützung erhielt die Richtlinie aus der CDU-Fraktion. Frank Apitz verwies auf die Größenordnung der anstehenden Wohnungsbauprojekte: Vier große Baugebiete mit rund 700 geplanten Wohneinheiten, allesamt private Vorhaben. „Wir können diese Bauvorhaben nicht einfach ablehnen und wollen dies auch nicht. Neue Wohnungen bedeuten Zuzug und Nutzung der Infrastruktur.“ In den vergangenen Jahren habe Taucha massiv in Kitas investieren müssen, weil Plätze fehlten. Deshalb sei es folgerichtig, die Verursacher künftig an diesen Folgekosten zu beteiligen. Zwar wirke die Regelung kostenseitig, doch der infrastrukturelle Bedarf sei gewichtiger.
Die Einwohnerzahl der Parthestadt ist in den vergangenen Jahren gewachsen und hat gleichzeitig eine deutliche Verjüngung erfahren. Mit jedem zusätzlichen Baugebiet steigt der Bedarf an Kita- und Schulplätzen. Der Stadtrat will verhindern, dass diese Kosten allein die Allgemeinheit trägt. Grundlage ist § 11 BauGB, der es Kommunen erlaubt, städtebauliche Verträge über Folgekosten abzuschließen. In vielen Kommunen sei dies bereits Standard, so die Stadtverwaltung.
Laut Verwaltung entstehen der Stadt bei größeren Wohngebieten regelmäßig hohe Aufwendungen, etwa beim Neubau oder der Erweiterung von Schulen oder Kitas. Die nun beschlossene Richtlinie soll klare Berechnungsmaßstäbe schaffen. Pro Wohneinheit wird mit durchschnittlich 1,2 Kindern gerechnet, was unmittelbar zusätzlichen Bedarf auslöst. Die Folgekostenanteile werden anhand von Vergleichsprojekten kalkuliert und jährlich überprüft.
Für die Stadt bleibt ein Eigenanteil von 50 Prozent bestehen. Weitere Abminderungen können möglich sein, wenn Investoren bereits öffentliche Infrastruktur mitfinanzieren.
Die Initiative für eine Folgekostenregelung kam aus der Fraktion der Unabhängigen Wähler Taucha. Deren Stadtrat Jens Barthelmes sagte: „Schade, dass wir nicht eher damit fertig geworden sind, sonst hätten wir dies auch schon beim Baugebiet Gartenstadt anwenden können.“ Er verwies außerdem darauf, dass im Fall der Gartenstadt die Erschließungsstraße durch das Wohngebiet komplett von der Stadt finanziert wird – obwohl sie vom Bauträger benötigt wird. Für ihn sei das bis heute schwer nachvollziehbar.
Auch aus Reihen der AfD kam eine solche Wortmeldung: Laut Stadtrat Mario Maiczack habe die Stadt hier dem Investor eine „schweineteure” Straße gebaut.
Die Verwaltung wurde beauftragt, mit den jeweiligen Investoren künftig Folgekostenvereinbarungen zu verhandeln und diese dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Die Zahlungen sollen grundsätzlich vor dem Satzungsbeschluss erfolgen. Sollte es in einem konkreten Plangebiet keinen Bedarf an Kita- oder Schulplätzen geben, sind auch individuelle Lösungen zulässig – etwa andere Infrastrukturmaßnahmen, die mit dem Vorhaben im Zusammenhang stehen.
Die Richtlinie tritt mit dem heutigen Beschluss in Kraft und soll als Grundlage für alle kommenden Bebauungsplanverfahren dienen. Für Taucha bedeutet sie einen strukturierten, nachvollziehbaren Umgang mit den Folgekosten des Wachstums – und mehr Planungssicherheit für die Stadtfinanzen.