Heute beginnen die Tauchaer Weihnachtsmärkte. Der Glühwein und andere Heißgetränke werden in diesem Jahr in einer neuen Tasse ausgeschenkt. Die Stadt Taucha hat diese anlässlich der Ersterwähnung der Stadt vor 1050 Jahren gestalten lassen. An dieser Gestaltung scheiden sich die Geister. Und auch generell ist das Marketing rund um Weihnachtsmarkt und „Jubiläum” fragwürdig. Ein Kommentar.
Heute beginnen die Tauchaer Weihnachtsmärkte. Der Glühwein und andere Heißgetränke werden in diesem Jahr in einer neuen Tasse ausgeschenkt. Die Stadt Taucha hat diese anlässlich der Ersterwähnung der Stadt vor 1050 Jahren gestalten lassen. An dieser Gestaltung scheiden sich die Geister. Und auch generell ist das Marketing rund um Weihnachtsmarkt und „Jubiläum” fragwürdig. Ein Kommentar.
Schaut man in die sozialen Netzwerke wird schnell klar: Die Gestaltung der diesjährigen Tasse zum Weihnachtsmarkt kommt nicht bei allen Tauchaern gut an. Sie habe nichts mit Weihnachten zu tun, die Gestaltung erinnere nicht an das Fest. Zudem versteht wohl kaum jemand, warum die Weihnachtsmarkt-Tasse 2023 ein Event für 2024 bewirbt. Stadtsprecher Nico Graubmann erklärt das so: „Die Tasse soll über das ganze Jahr universell einsetzbar sein, auch zu anderen Veranstaltungen oder Zwecken. Mit den Sternen und beleuchteten Fenstern der Gebäude auf der Tasse deuten wir auf ein winterliches, heimeliges Ambiente hin, womit wir einen Bezug nicht nur zur Advents- und Weihnachtszeit schaffen.” Zu welchen „anderen Veranstaltungen und Zwecken” im Winter die Tasse noch eingesetzt werden soll, wurde auf Nachfrage nicht beantwortet. Das dürfte auch schwierig werden, denn weitere Feste und Veranstaltungen im Winter gibt es nicht. Zum Tauchscher 2024, wenn der Höhepunkt der „Ersterwähnung der Stadt” begangen werden soll, braucht man wohl eher Gläser und keine weihnachtlich-heimeligen Tassen.
Vollends schief ging aber die Auswahl der Gebäude, die auf der Tasse zu sehen sind. So ist unter anderem das Bürgerhaus in der Brauhausstraße, in dem bis 2022 noch das Museum untergebracht war, abgebildet. Darunter steht „Museum”. Das ist schlicht falsch - und in Anbetracht der mit Millionenaufwand (bislang rund 2,4 Millionen Euro) betriebenen Sanierung des Schlosses und dem Umzug des Museums dorthin inklusive festlicher Eröffnung im September 2022 absolut unverständlich. Man stelle sich das vor: Eine Stadt will ihr Schloss-Areal wiederbeleben. Sie saniert es, lässt Museum und Einwohnermeldeamt dort hin ziehen, will weiteres Geld in die Hand nehmen, um auch die Bibliothek dort unterzubringen. Und dann gestaltet die Stadt eine Tasse, auf der das Gebäude zu sehen ist, in dem sich das Museum gar nicht mehr befindet - und schreibt „Museum” drunter. Wie betriebsblind muss man sein, um hier keinen Widerspruch zu erkennen und die Produktion einer solchen Tasse dennoch zu beauftragen?
Mit einem Lastenaufzug wurden im August 2022 diverse Exponate, Vitrinen und anderes aus dem bisherigen Museumsgebäude gebracht.
Wie das Ricarda Döring, Leiterin des städtischen Museums, findet, ist nicht bekannt - sie schweigt dazu und verweist auf Nico Graubmann. Ob das Design der Tasse mit dem Museum abgesprochen war, ist ebenso nicht bekannt. Graubmann sagt nur, dass das Design hausintern abgestimmt wurde. Mit wem, wer involviert war, ob jemand Zweifel am Design hegte - all das wird nicht mitgeteilt. Nur so viel: Das ehemalige Museumsgebäude in der Brauhausstraße sei der Stadt besonders wichtig gewesen, auch wenn das Musem bereits umgezogen ist, sagt der Sprecher und Verantwortliche für Märkte. „Es ist das älteste Gebäude in Taucha und erhält mit der Darstellung auf der Tasse eine ehrwürdige Reminiszenz”, so Graubmann weiter. Warum „Museum” als Unterschrift für das Gebäude gewählt wurde, wurde nicht erklärt. Auf die Frage, ob es nicht bedeutend besser gewesen wäre, das Schloss abzubilden, sagt Graubmann: „Da wir auch in den folgenden Jahren neue Tassen auf den Weg bringen werden, wird dann auch das Rittergutsschloss mit dem dort eingezogenen Städtischen Museum wieder Berücksichtigung finden.”
Auch generell wird Kritik an dem Jubiläum „1050 Jahre Ersterwähnung der Stadt Taucha” geübt: Jürgen Ullrich, Vorsitzender des Fördervereins Schloss Taucha und Stadtrat für die Linke, kommentierte den Artikel zur Tasse auf Taucha kompakt süffisant: „So schnell vergeht die Zeit! 2020 – 850 Jahre Stadt Taucha, 2023 – 1050 Jahre Stadt Taucha. Der Schriftzug ist falsch! Richtig müsste es heißen: 1050 Jahre Ersterwähnung der Burg Taucha (gemeint ist die Burgwartschaft), denn eine Stadt Taucha gab es noch gar nicht.”
Dass die Stadt Taucha im kommenden Jahr noch keine 1050 Jahre alt wird, weiß auch die Stadtverwaltung. Auf der Website schreibt sie: „974: erste urkundliche Erwähnung (geschrieben 1012/ 18 in der Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg) als „urbs Cothung” – im Besitz des Hochstifts Merseburg-, slawische Burganlage auf dem heutigen Schlossberg”. Stadtrecht wurde der Stadt erst im Jahr 1170 verliehen. Letztlich wurde also nicht die Stadt Taucha vor 1050 Jahren erstmals erwähnt, sondern eine Burg, die auf dem heutigen Schlossberg stand. Insofern ist die Abbildung des ehemaligen Museums und das bewusste Weglassen des Schlosses auf der Tasse erst Recht unverständlich.
Jürgen Ullrich ist „ganz schön verärgert” deswegen, wie er auf Anfrage sagt. Er habe rechtzeitig darauf hingewiesen, dass das Jubiläum konstruiert sei. „In Verbindung mit dieser Tasse ist es ein Lacher. Entweder ich nehme so ein Jubiläum ernst oder ich lasse es. Ich habe zumindest immer wieder ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir, wie eigentlich 2020 geplant, ein Doppeljubiläum feiern müssten, weil sich die Ersterwähnung eben auf den Schlossberg bezieht. So richtig interessiert hat das niemanden”, bedauert er.
Ebenso kritikwürdig ist das Werbebanner für die Tauchaer Weihnachtsmärkte in diesem Jahr. Über die kindhaft anmutende Gestaltung lässt sich sicher streiten - viel schlimmer ist aber, dass die Schrift derart klein ist, dass man erst bei näherer Betrachtung erkennt, wofür das Banner eigentlich werben soll. Auch Jürgen Ullrich ist darüber nicht erfreut: „Niemand weiß, was das eigentlich sein soll”, meint er. Nico Graubmann, in dessen Verantwortung dieses Banner liegt, sagt: „Die Schriftgröße auf dem Banner kam uns im ersten Entwurf zu klein vor. Wir haben um Überarbeitung gebeten, der Änderungswunsch um eine größere Schriftart wurde umgesetzt. Wir waren guter Hoffnung, dass das Motiv so gut lesbar ist.” Die Frage, ob diese Hoffnung nun erfüllt wurde, blieb unbeantwortet. Dass allein schon die gewählte Schriftart nicht gerade für eine gute Lesbarkeit sorgt, bemerkte offenbar auch niemand.
Kaum erkennbar: Der Schriftzug und das Datum der Tauchaer Weihnachtsmärkte
Dazu kommt, dass das Banner offensichtlich minderwertig produziert wurde. Nach rund einer Woche waren starke Risse in der Farbe zu sehen, was die Erkennung des Motivs und Anlasses zusätzlich erschwert. Nico Graubmann meint auf Anfrage, an der Qualität hätte sich zum Vorjahr nichts geändert und verweist auf das Wetter: „Die starke Windlast aufgrund des Sturms führte zu den Rissen im Banner. Perspektivisch suchen wir nach einem alternativen Standort und nach witterungsunempfindlicheren Werbeinstallationen”, sagt er. Die Frage, was die Herstellung des Banners gekostet hat, blieb unbeantwortet. Trotz der Schäden und des unansehnlichen Anblicks hängt das Banner weiterhin dort. Ob Graubmann das Banner für eine gute Werbung hält, war nicht zu erfahren. Auch diese konkrete Nachfrage blieb unbeantwortet - die Vorbereitungen für das Weihnachtsmarktwochenende hätten Priorität und mehr sei auch nicht hinzuzufügen.
Der Wind sei schuld daran, dass das Banner Risse bekam, so Nico Graubmann. Trotz der Schäden blieb es hängen.