Was für den Netzbetreiber Mitnetz Strom Routine ist, stellt manche Bürger und Unternehmer vor Herausforderungen: Für fast zehn Stunden ist heute in Teilen Tauchas der Strom abgestellt.
Bei 484 Haushalten, Unternehmen und Einrichtungen in Taucha bleibt heute bis zum Nachmittag das Licht aus, der Kühlschrank und Internetrouter ohne Funktion, der Fernseher dunkel – kurzum: der Strom abgeschaltet. Hintergrund ist die Einbindung einer neuen, digitalen Trafostation an der Badergasse.
Ein Mittelspannungskabel müsse freigeschalten werden, teilt Evelyn Zaruba, Pressesprecherin der Mitnetz Strom in Kabelsketal mit. „Generell ist das nichts Ungewöhnliches. Stromabschaltungen werden vorgenommen, wenn Arbeiten am Stromnetz erfolgen. Somit sind die Kunden und deren Geräte sicher. Digitale Trafostationen machen das Netz transparenter und sind somit ein wichtiger Baustein für ein intelligentes Netz. Auch die Planung und der Betrieb des Netzes verbessern sich durch die Digitaltechnik. Mithilfe der Informationen zur Netzauslastung werden Netzinvestitionen noch besser planbar. Bei Störfällen können die Kollegen aus der zentralen Schaltleitung Fehler schneller lokalisieren und von Ferne den Stromfluss punktuell ab- und zuschalten. Das spart Zeit, grenzt die Zahl der betroffenen Anschlüsse ein und erleichtert den Monteuren vor Ort die Arbeit“, erklärt sie.
So normal die Abschaltung für den Netzbetreiber auch ist – für einige Tauchaer stellt sie eine gewisse Herausforderung dar. Für Konditormeister Sebastian Kraus etwa. Seine Kaffeehausmanufaktur ist von der Stromabschaltung heute auch betroffen. „Der Laden bleibt zu, dafür hatten wir gestern, am eigentlichen Ruhetag, geöffnet. Alles kein Problem soweit“, sagt er. Für Kopfzerbrechen sorgte bei ihm aber der Umstand, dass er zwei Kühlhäuser hat. In einem davon lagern Speiseeis, vorbereitete, verderbliche Waren, Blätterteige, Croissants und weitere Zutaten und Produkte bei minus 18 Grad Celsius. „Das muss alles weiter gekühlt werden, die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden, sonst kann ich alles wegwerfen“, sagt er. Darum hat er sich ein Notstrom-Aggregat gemietet. Das tuckert seit etwa 7.30 Uhr im Hof des Betreuten Wohnens des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) vor sich hin und bläst nach Diesel riechenden Rauch in die Luft. „Nützt alles nichts, das DRK hab ich informiert, dass es heute ein bisschen lauter wird“, so Sebastian Kraus. Für die Arbeiten am Stromnetz hat er generell Verständnis. Was mit den Kosten für die Miete des Strom-Aggregates wird, weiß er noch nicht. Er hofft aber auf eine kulante Lösung durch den Netzbetreiber Mitnetz.
Nebenan beim DRK hat man sich ebenfalls auf die Stromabschaltung eingerichtet. „Wir haben allen Bewohnern gesagt, sie sollen die Außenrollos geöffnet lassen. Wer sich nicht daran gehalten hat und nach 7.30 Uhr aufwacht, bekommt die elektrischen Rollos nicht mehr hoch, sitzt also im Dunkeln“, sagt Pflegefachkraft Elisabeth Weimann. Die Tagespflege hätte heute geschlossen. Die Mittagsversorgung sei durch das Essen auf Rädern aber gesichert. Größere Einschränkungen gebe es für die Bewohner des Betreuten Wohnens nicht.
Auch die Grundschule Am Park steht heute bis zum Nachmittag ohne Strom da. Weil die Klingel nicht funktioniert, melden sich Besucher per Anruf auf einem Handy an. Der Zettel dazu hängt an der Tür. Der Unterricht finde normal statt, hieß es. Zum Glück sei es ja hell und sonnig. Zur Pause und Stunde klingeln kann es nicht, hier geben die Lehrer also einen entsprechenden Hinweis. Das Mittagessen wurde für heute abgemeldet, weil es nicht warmgehalten beziehungsweise gekühlt werden kann.
Probleme mit der Kühlung hatte auch Jana Glöckner, Inhaberin der Apotheke Am Markt. Ihre Hausnummer 6 der Eilenburger Straße sollte eigentlich nicht von der Abschaltung betroffen sein. Heute Morgen um 7.30 Uhr musste sie allerdings bemerken, dass ihr Geschäft ohne Strom dasteht. „Das ist Mist, ich hab kühlungspflichtige Medikamente für mehrere tausend Euro im Schrank. Ich hatte extra angerufen, ob die Apotheke wirklich nicht betroffen ist - und nun das!“, berichtete sie. Für die kühlpflichtigen Arzneimittel hatte sie schnell eine Lösung: „Meine Mama hat große Kühlschränke, dahin hab ich alles umgelagert.“ Im Laufe des Morgens kam der Strom dann bereits zurück und der zwischenzeitlich geschlossene Laden konnte wieder geöffnet werden. „Das war offensichtlich ein Versehen, dass bei uns der Strom abgeschaltet wurde. Ich freue mich, dass das so schnell ging“, sagt die Geschäftsfrau.
Für die Versorgung des Wochenmarktes auf dem Marktplatz sorgte Elektriker Lutz Ritter. „Wir haben mit dem Netzbetreiber gesprochen und ein Kabel aus dem Verteilerkasten am oberen Markt zum Kasten des unteren Marktes gezogen. Auf diese Weise hatten die Standbetreiber heute Strom“, so der Tauchaer. Für den Rossmann-Drogeriemarkt bedeutete die heutige Stromabschaltung aber einen unfreiwilligen Ruhetag.
Regelrecht romantisch ging es im Geschäft von Diana Zettelmann zu: Im „Bringsel“ am Markt sorgen batteriebetriebene Kerzen für ein wenig Ausleuchtung der dunkleren Bereiche des Blumen- und Geschenkeladens. „Das Kundentelefon ist aufs Handy umgeleitet und kassiert wird heute per Hand mit Zettel und Stift oder wir schreiben im Nachgang eine Rechnung“, sagt sie. Ein Notstromaggregat wollte sie nicht aufstellen lassen. „Das wäre zu viel Aufwand und nicht nötig. Wir haben keine Vorratswirtschaft. Die Blumen, die über Nacht im Kühlhaus standen, sind jetzt alle draußen und heute Abend soll ja alles wieder funktionieren.
Auch bei Privathaushalten fiel heute der Strom aus, etwa in den Wohnhäusern der WOTa (IBV) auf der Marktstraße. Das Einfamilienhaus von Satellitentechniker Andreas Knorr in der Gartenstraße war ebenfalls stromlos. „Für mich aber kein Problem, ich hab Verständnis dafür. Das muss gemacht werden. Ich arbeite heute den ganzen Tag bei Kunden in Gerichshain, bin also eh nicht da“, lachte er.
Auf dieses Verständnis setzt Chris Lempe. Er ist in der Realisierung von technischen Anlagen bei der Mitnetz Strom zuständig und der Vorgesetzte für Monteure im Bereich Bad Düben. Jene Monteure sind heute, gemeinsam mit dem Unternehmen Kusch & Walter aus Borsdorf dabei, die nötigen Arbeiten auszuführen. „Wir schließen die neue digitale Trafostation an. Das bedeutet auch, dass die Kabel aus der alten Station raus müssen“, sagt Lempe. Das große Trafohaus seit aus dem Jahr 1960 und zuletzt 1998 renoviert worden. Und vor allem ist es nicht mehr zeitgemäß angesichts zunehmendem Strombedarfs sowie der Einspeisung von Energie durch Photovoltaik-Anlagen. In erster Linie gehe es bei der Maßnahme aber um Zukunftssicherheit und Digitalisierung: „Wir können künftig jedes Kabel aus der Ferne messen, Leitungen zu- und abschalten. Das spart Zeit und damit auch Geld im Störungsfall“, erklärt er weiter.
Drei Mittelspannungssysteme mit je drei Kabeln müssen heute umgeklemmt werden. Dazu kämen noch vier Niederspannungskabel. Die Mittelspannungskabel sorgen für den Stromfluss zwischen den Trafostationen, die Niederspannungsleitungen gehen bis in die Häuser. In Höhe des Jugendclubs werde zudem noch ein Kabel umgeklemmt. Bis heute 16 Uhr sind die Arbeiten geplant. Chris Lempe und sein Team würden alles tun, damit dieser Zeitplan eingehalten, wenn nicht gar unterboten werde.